Donnerstag, 20. Juni 2013

Kino-Spektakel mit Will Smith: Wie viel Scientology steckt in "After Earth"?





Action-Blockbuster oder Scientology-Propaganda? Über "After Earth", den neuen Film von Will Smith, ist in den USA eine hitzige Debatte entbrannt. Kritiker wollen diverse Motive und Ideen aus der Lehre von L. Ron Hubbard in dem Film entdeckt haben. Was ist dran an den Vorwürfen?
Was Will Smith gefallen könnte: Sein neuester Film "After Earth", ein postapokalyptisches Action-Spektakel, ist in den USA in aller Munde. Was ihm nicht gefallen dürfte: Es sind vor allem seine Verbindungen zu Scientology, die aktuell für Gesprächstoff sorgen. Das "New York Magazine" nennt den Film "Will Smiths Liebesbrief an Scientology", im Branchenblatt "Hollywood Reporter" zeigt ein ehemaliges Scientology-Mitglied auf, wie "After Earth" Symbolik und Botschaft von L. Ron Hubbards umstrittener Dianetik-Lehre transportieren soll. Allerdings hat sich Will Smith - anders als Hollywood-Stars wie John Travolta oder Tom Cruise - nie offen zu Scientology bekannt. Was ist also dran an den Vorwürfen? Wie viel Propaganda enthält "After Earth" wirklich? Ein Überblick.
Was hat Will Smith denn genau mit Scientology zu tun?



Er selbst sagt, sein Freund und Kollege Tom Cruise habe ihn zwar mit den Praktiken von Scientology vertraut gemacht, Mitglied sei er jedoch nicht. Seine Verbindungen zu der umstrittenen Kirche sind jedoch offensichtlich: 2007 spendete Smith mehr als 100.000 Dollar an verschiedene Scientology-Stiftungen, 2009 eröffnete er zusammen mit seiner Ehefrau Jada Pinkett-Smith in Südkalifornien die "New Village Leadership Academy" (NVLA), eine Privatschule, an der auch die Lerntechnik "Study Tech" angeboten wird, eine Methode, Lernbarrieren zu überwinden, die direkt auf die Ideen L. Ron Hubbards zurückzuführen ist und ausschließlich in Schulen mit Scientology-Hintergrund gelehrt wird. Smiths Kinder Willow und Jaden (sein Co-Star in "After Earth") besuchten beide die NVLA, ebenso Tom Cruises Tochter Suri. Dem vor allem in Deutschland immens populären Smith dürfte bewusst sein, dass Scientology außerhalb der USA ein schlechtes Image besitzt - und er hält sich möglicherweise auch aus Sorge um sein internationales Image bedeckt.
Und was hat das mit "After Earth" zu tun?
Die Idee für "After Earth" ebenso wie die dem Film zugrundeliegende Story stammt von Smith. Der einflussreiche Hollywood-Star suchte sich den für seine mit übernatürlichen Themen spielenden Filme bekannten Filmemacher M. Night Shyamalan als Regisseur aus, der zusammen mit Gary Whitta ("The Book of Eli") das Drehbuch schrieb.
Worum geht's eigentlich?
Vor tausend Jahren wurde die Erde nach einer Reihe katastrophaler Ereignisse von der Menschheit aufgegeben, die sich auf den Planeten Nova Prime zurückgezogen hat. Der wird jedoch von einer Alien-Rasse heimgesucht, die sich an menschlicher Angst labt. Zur Verteidigung gibt es das Ranger Corps, dessen legendäre Kriegerfigur General Cypher Raige ist, gespielt von Will Smith. Der strandet nun zusammen mit seinem Sohn Kitai (Jaden Smith), zu dem der dauerabwesende Vater ein äußerst dysfunktionales Verhältnis hat, auf der nun wieder im urzeitlichen Zustand sich befindenden Erde. Raige selbst wird beim Absturz seines Raumschiffs schwer verletzt, bleibt an Bord und entsendet Kitai in die Wildnis, um den Rettungssender zu bergen, der in der Nähe eines aktiven Vulkans niederging. Während Papa ihm nützliche Tipps und Durchhalteparolen vom Kontrollpult des Raumschiffs aus gibt, muss Kitai diverse Herausforderungen in der feindlichen Umwelt bestehen.
Was deutet auf einen Scientology-Zusammenhang hin?
Vieles. Das ehemalige Scientology-Mitglied Marc Headley, der unter anderem von Tom Cruise ausgebildet wurde, hat den Film für das US-Branchenblatt "The Hollywood Reporter" analysiert und sah diverse offensichtliche Parallelen zwischen dem Plot des Films und der Scientology-Lehre. Auch das "New York Magazine" fand einige signifikante Übereinstimmungen. Hier die wichtigsten Merkmale:
- Das oberste Ziel: Die Angst besiegen - Immer wieder beschwört Raige seinen Sohn, nicht ängstlich zu sein, die Botschaft findet sich, verkürzt, auch auf den Filmplakaten als Slogan: "Danger is real - Fear is a choice". Eine der Hauptanliegen scientologischer Ausbildung ist es, sich der Angst zu entledigen.
- Das "Auditing": Scientology-Aspiranten müssen sich stundenlangen sogenannten Auditings unterziehen, in denen ein höheres Mitglied versucht, psychologische Traumata und Barrieren zu finden und zu lösen. Nichts anderes macht Smiths General Raige über das Funkgerät mit seinem Sohn im Film. Kitais Reise in die Wildnis könnte man auch als zweistündiges Auditing vor CGI-Kulisse verstehen.

- Bloß keine Gefühle! General Raige ist deshalb eine solche Krieger-Ikone, weil er die Kunst beherrscht, seine Gefühle komplett zu unterdrücken - und damit den Angst saugenden Aliens auf Nova Prime immer wieder entwischt. Ein Hauptbestandteil des von Hubbard erfundenen Scientology-Trainings besteht genau darin: Stundenlang einem anderen Mitglied gegenüber zu sitzen ohne zu zwinkern, zu lächeln oder auch nur den Kopf abzuwenden. Gefühle zu kontrollieren ist ein Hauptziel der Scientology-Lehre.



- Vulkane: Das meistverbreitete PR-Bild aus "After Earth" zeigt Jaden Smith vor dem Hintergrund eines aktiven Vulkans. Ein Motiv, das sich in verblüffend ähnlicher Form auf dem Hauptwerk des Scientology-Gründers "Dianetics" von L. Ron Hubbard wiederfindet. In dessen Science-Fiction-Mythologie haben die Xenu-Aliens die Erde mit Atombomben, die in Vulkanen detonieren, verwüstet - und die Seelen der vernichteten Menschheit in den Kratern eingekerkert. Ein zum Dreieck oder zur Pyramide stilisierter Vulkan ist auch Bestandteil des offiziellen Dianetics-Symbols.
Was bezweckt Scientology mit einem Hollywood-Blockbuster?
Filme eignen sich perfekt, um sublime Botschaften ins Unterbewusstsein des Zuschauers zu senden. Ein populärer Star wie Will Smith, eine fesselnde Vater-Sohn-Geschichte, Endzeit-Schauwerte, wilde Tiere, packende Action - vor diesem bildgewaltigen, hochemotional aufgeladenen Hintergrund fällt gar nicht auf, dass möglicherweise auch eine Weltanschauung transportiert wird. Auch der im April gestartete Action-Thriller "Oblivion" spielt übrigens auf einer postapokalyptischen Erde, einem Ausgangsmotiv der Lehren L. Ron Hubbards. Die Hauptrolle spielt Scientology-"Thetan" Tom Cruise. Prominente wie Smith, Travolta oder Cruise, die Scientology-Inhalte möglicherweise in ihre Filme einfließen lassen, helfen der Sekte, ohne offensichtliche Werbung ein positiveres Image zu erlangen.
Wie erfolgreich könnte "After Earth" werden?

Die gute Nachricht zuletzt: Sollte "After Earth" tatsächlich ein getarnter Propaganda-Film für Scientology sein, dann bedeuten die US-Einspielergebnisse vom Wochenende einen Dämpfer für diese Strategie. Nur 27 Millionen Dollar setzte das 130 Millionen Dollar teure Spektakel um, das reichte nur für Platz drei der Charts - und gilt zunächst als Flop. In Deutschland startet "After Earth" am Donnerstag.

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